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8 FRAGEN AN THOMAS GEORG BLANK
Thomas Georg Blank (*1990) lebt und arbeitet in Los Angeles und Darmstadt. 2020/21 war er Mentee im Pilot-Jahrgang des Kunstbüro Mentoring. Thomas Georg Blank wurde zunächst in Kultur- und Medienpädagogik ausgebildet, bevor er in Karlsruhe und Mexiko-Stadt Kunst studierte.
In seinen künstlerischen Projekten, die zwischen Forschung und spekulativen Interpretationen oszillieren, untersucht Blank, wie räumliche und gewohnheitsmäßige Darstellungen individueller und kollektiver Imagination die Welt, in der wir leben, beeinflussen und umgekehrt. Indem er multidirektionale, räumliche Erzählungen schafft, bietet er den Betrachter:innen einen Rahmen für Rekonfiguration und Perspektivenwechsel.
Seine Werke und performativen Interventionen waren in zahlreichen Ausstellungen vertreten, u. a. im HeK Basel, im Historischen Museum Frankfurt, in der Kunsthalle Darmstadt, bei Blue Star Contemporary und C/O Berlin. Seine Arbeit wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, 2018/19 war er DAAD-Stipendiat am Center for Human Imagination der University of California San Diego.
1. Du hast dein Studium 2019 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe abgeschlossen. Welches waren deine ersten Schritte in die professionelle künstlerische Tätigkeit?
Der Übergang war fließend. Ich habe versucht, so früh wie möglich während des Studiums regelmäßig an Ausstellungen teilzunehmen und diese auch zu organisieren – unter anderem auch im Wohnzimmer unserer WG. Mein letztes Semester in Karlsruhe habe ich dann tatsächlich eher außerhalb der Akademie verbracht, weil ich parallel zu meiner Diplomprüfung ein Kunstfestival in Darmstadt organisiert habe. Alle Kontakte und Erfahrungen, die so im Laufe der Zeit zusammengekommen sind, konnte ich in ein Netzwerk überführen. Dieses Netzwerk ist jetzt enorm wichtig ist für meine Arbeit.
2. Welche Stipendien, Preise und anderen Förderungen hast du bisher erhalten? Inwiefern haben dich diese Programme bei der Weiterentwicklung deiner Arbeit unterstützt? Und welche Formen der Künstler:innen-Förderung würdest du dir darüber hinaus wünschen?
Stipendien haben mir meine Auslandsaufenthalte finanziert. Das Baden-Württemberg-Stipendium hat meine Zeit in Mexiko-Stadt ermöglicht und der DAAD meinen Aufenthalt in San Diego. Diese Zeit im Ausland hat schließlich dazu geführt, dass ich nun in Deutschland und Kalifornien lebe und arbeite. Die Stipendien waren für mich also extrem wichtig.
Der für mich nachhaltig prägendste Preis war der Förderpreis der Darmstädter Sezession. Mit der Auszeichnung war die Aufnahme in die Künstlervereinigung verbunden. Seitdem bin ich dort sehr aktiv, seit einiger Zeit auch im Vorstand. Durch die Sezession stehe ich im Austausch mit etlichen Kolleg:innen, die zum Teil einer anderen Generationen angehören und oft auch mit völlig anderen Medien arbeiten. Dieser Austausch ist für mich enorm wichtig, weil ich durch die Auseinandersetzung mit anderen Positionen stets etwas über meine eigene künstlerische Haltung lerne. Für die Produktion verschiedener Arbeiten war der „Interdisziplinäre Fördertopf Kunst, Wissenschaft und Technologie“ der Stadt Karlsruhe wichtig. Insgesamt würde ich mir für jegliche Förderung wünschen, dass sie in irgendeiner Form nachhaltig angelegt ist und neben der rein finanziellen Unterstützung dabei hilft, das eigene Netzwerk zu erweitern und die eigene Praxis immer wieder auf den Prüfstand zu stellen.
3. Welche Strukturen sind für dich wichtig, um deine künstlerische Praxis voranzubringen? Wie organisierst du dich?
Ich versuche mir für bestimmte Arbeiten bestimmte Zeiträume im Tagesablauf zu reservieren und dabei auch konsequent zu bleiben, weil ich ständig zwischen verschiedenen Rollen hin- und herspringe. Der Vormittag ist deshalb fast immer Bürozeit, das heißt Kommunikation, Abrechnungen, Bewerbungen und Projektanträge schreiben, Ausschreibungen recherchieren und Materialien für Ausstellungen vor- bzw. nachbereiten. Insbesondere die Recherche von Ausschreibungen und das Verfassen von Bewerbungen frisst wahnsinnig viel Zeit. Die Werkzeuge meiner Wahl dabei sind To-Do-Listen und strikte Ordnerstrukturen – einfach aber effektiv. Kleine Zettel haben für mich immer gut funktioniert und wohl sortierte Ordner machen das Leben einfacher. Die Bürozeit ist für mich deshalb so wichtig, weil ich dann später den Kopf frei habe für die künstlerische Arbeit. Und um neue Werke zu entwickeln, muss mein Kopf so leicht wie möglich sein. Ansonsten komme ich nicht an jene Orte in meinem eigenen Denken und Fühlen, die für mich interessant sind.
4. Künstler:innen sind heute nicht mehr nur für ihre Arbeit im engeren Sinne verantwortlich sondern darüber hinaus auch für Bedeutungsproduktion, Selbstinszenierung, Vermittlung und Vermarktung der eigenen Arbeit. Hast du den Eindruck, dass Künstler:innen heute oder in Zukunft mit anderen Kompetenzen ausgestattet sein müssen als vor zehn, zwanzig Jahren?
Diese Kompetenzen waren für Künstler:innen schon immer wichtig. Sie wurden lediglich nie groß thematisiert weil die klassische Erfolgsgeschichte sich auf die wenigen Biografien konzentriert, die schon sehr früh Personen um sich versammeln konnten, welche diese Tätigkeiten für sie übernommen haben. Oder es wurde schlicht ausgeblendet, weil das alles nicht so romantisch und aufregend klingt. Leider spiegelt sich dies auch immer noch in der aktuellen künstlerischen Ausbildung wider. Zu kaum einem Zeitpunkt wird in Kunstakademien darüber gesprochen, wer, wie, wann, wo und warum im Kunstbetrieb sichtbar ist, welche Verwertungsmechanismen dahinter stecken, welche Gelder woher und wohin fließen, wie man die eigene Position besser kommunizieren kann und geschweige denn in Kontakt mit Galerien oder Institutionen kommt. Da herrscht große Stille. Dass diese Kompetenzen langsam sichtbarer werden, ist glaube ich Einrichtungen wie dem Kunstbüro oder den Berufsverbänden zu verdanken, die sowohl für angehende Künstler*innen als auch für die Öffentlichkeit ein realistischeres Bild des Berufs zeichnen.
5. Wie erlebst du die Arbeits- und Rahmenbedingungen des Kunstbetriebs, insbesondere im Kontext der aktuellen Krise?
Die Arbeitsbedingungen sind völlig desaströs. Und das sage ich als jemand, der Zugang zum Fördersystem in Deutschland hat, welches im internationalen Vergleich hohe Fördersummen an Künstler:innen ausschüttet und wo es die Künstlersozialkasse und Verwertungsgesellschaften gibt. Das Problem besteht allerdings auch hier der ständigen Planungsunsicherheit, die auf Dauer zermürbend ist. Als Künstler:in kannst du nie sicher damit rechnen, dass eine Bewerbung erfolgreich ist oder eine Förderung ausgeschüttet wird. Und man muss es sich leisten können, einen finanziellen Puffer zu haben, der bei Durststrecken angezapft werden kann. Altersvorsorge ist für die meisten Künstler:innen faktisch unmöglich. Ich hoffe sehr, dass in den kommenden Jahren das Thema Ausstellungsvergütung verstärkt in den Fokus rücken wird. Das würde zumindest einen Teil der Probleme lösen. Was die aktuelle Krise definitiv verbessert hat, ist die Erwartungshaltung an Künstler*innen, hochgradig mobil zu sein. Natürlich ist es aufregend, für Ausstellungen, Vorträge oder Residenzen zu reisen. Vor der Pandemie bestand dabei aber aus meiner Sicht ein gewisser Zwang und wer nicht konnte oder wollte, ging oft leer aus. Das momentane Verharren an einem Ort erscheint mir insofern sogar erholsam.
6. Derzeit bist du als Mentee am Pilot-Jahrgang des »Kunstbüro Mentoring« beteiligt. Was ist deine Motivation für die Teilnahme an dem Programm?
Der Austausch. Für mich ist es wahnsinnig wichtig, regelmäßig aus meinem eigenen Kopf und meinen eigenen Gedanken herauszukommen. Und die beste Art dafür ist für mich das Gespräch mit einer anderen Person. Ein Gespräch bzw. einen Dialog über einen längeren Zeitraum mit einem Künstler zu führen, dessen Haltung und Werk ich unheimlich schätze, erschien mir ein sehr gutes Konzept.
7. Wie sieht die Zusammenarbeit bzw. der Dialog mit deinem Mentor Georg Winter konkret aus?
Wir tauschen uns regelmäßig per Videotelefonat aus. Unsere Themen variieren, wir sprechen über alle möglichen Dinge, was mir große Freude macht und besagten Effekt hat: ich komme aus meinem eigenen Kopf heraus. Georgs Perspektiven auf Kunst und Welt sind erhellend, kritisch und oft auch sehr unterhaltsam. Er ist ein sehr humorvoller Mensch und wir teilen bestimmte biografische Erfahrungen mit katholischen Ritualen im ländlichen Raum, die uns glaube ich beide stark geprägt haben. Wir haben außerdem das Experiment gewagt, mich aus Kalifornien zu einem Seminar an der HBK Saar hinzuzuschalten. Der Austausch mit den Studierenden war extrem spannend für mich und vielleicht wiederholen wir das zu gegebener Zeit noch einmal. Wir sind außerdem daran interessiert, gemeinsam Ausstellungen und Orte wie etwa das Gießkannenmuseum in Gießen zu besuchen.
8. Deine medienübergreifenden künstlerischen Projekte bewegen sich zwischen Forschung und spekulativen Interpretationen gesellschaftlicher Realitäten im digitalen Zeitalter. Woran arbeitest du aktuell?
Derzeit versuche ich mit meiner Partnerin Işık Kaya hier in Los Angeles Algen zu züchten, um sie als lichtempfindliches Material für fotografische Installationen zu nutzen. Das ist der Beginn unserer Auseinandersetzung mit Wasser in Los Angeles. Wir wollen sowohl den Hafen in den Blick nehmen als auch die Versorgung mit Trinkwasser. Bis es da etwas zu sehen gibt, wird es allerdings noch eine Weile dauern. Etwas schneller wird es mit unserer ersten Buchpublikation „Second Nature“ gehen, die im Frühjahr 2022 beim Kehrer Verlag in Heidelberg erscheinen wird.
(Januar 2022)